Dienstag, 2. Juni 2020

Angst essen – offensichtlich – Seele auf

In meiner heimischen Zeitung wurde vor einigen Tagen ein Mann vorgestellt, der sich gegen die im Zusammenhang der Verbreitung des Corona-Virus getroffenen Lockdown-Maßnahmen engagierte. Damit kam das Blatt seiner ureigensten Aufgabe nach, nämlich zu einem zentralen Problemfeld, das von allgemeinem Interesse ist, gegensätzliche Meinungen zu präsentieren. In den Tagen zuvor wurde in der Berichterstattung über die Grundrechts-Demonstrationen in Berlin und Stuttgart beinahe ausschließlich negativkonnotiertes Vokabular verwendet. Es war von Corona-Leugnern, Impfgegnern, Esoterikern, Verschwörungstheoretikern die Rede, ob auch von Spinnern, Covidioten und Aluhutträgern gesprochen worden ist, weiß ich nicht mehr. In diesem Medium nach meiner Erinnerung nicht.

Nun einen dieser „Verschwörungstheoretiker“ ausführlich zu Wort kommen zu lassen, war also absolut angemessen. Es war DER EINZIGE derartige Beitrag.

Dieser eine Beitrag reichte aber schon aus, die Seele des Wutbürgers moralisch hochkochen zu lassen. Wie man dazu käme, so jemandem ein Forum zu geben, solche Beiträge (– Plural!) stellten ja wohl eine Verhöhnung der vielen treu ihre Pflicht tuenden Menschen dar, die aufrecht den in jedem Falle richtigen und notwendigen Vorgaben der Obrigkeit gehorchten. Man würde mit derartigen Veröffentlichungen  Verschwörungstheoretiker hofieren.

Nun spricht der Maßnahmenkritiker selbst allerdings von überhaupt keiner Verschwörung, die entsprechenden insinuierenden Provokationen lässt er sogar nachdrücklich abtropfen. Er hat Zweifel und stellt Fragen. Eine demokratische Selbstverständlichkeit. In der Demokratie vertraut man nicht der Regierung, man kontrolliert sie. Das ist elementares Schulwissen!

In unserer inzwischen angstzerfressenen Zeit reicht aber bereits die abweichende Meinung eines Einzelnen aus, dass der anständige Bürger freidreht und seine eigene Unsicherheit und Verunsicherung durch besonders strammes, gern noch moralisch aufgeladenes Rechtfertigen staatlicher Maßnahmen und ihrer Befolgung überdeckt. Ein mehr psychisches als gesellschaftliches Phänomen.

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