Samstag, 29. August 2015

Die Mutigen

Ich mag es wirklich nicht mehr hören, wenn Unternehmenssanierer, -reformer und -kahlschläger von Mut sprechen und ihren eigenen meinen. Da ist die Rede von mutigen Entscheidungen, vom Überwinden von Ängsten, vom Aushalten, vom Ertragen auch schmerzhafter Konsequenzen.

Wer ist mutig?

"Ich bin so mutig und traue mich, dir in den Arsch zu treten, das musst DU aushalten, dafür muss ICH dein Geschrei ertragen."

Nicht vergessen: Auch Heinrich Himmler hat in seiner berüchtigten Posener Rede davon gesprochen, wie mutig seine Leute im Angesicht von 100, 1000 Leichen waren und dabei anständig(!) geblieben sind.
"Von Euch werden die meisten wissen, was es heißt, wenn 100 Leichen beisammen liegen, wenn 500 daliegen oder wenn 1000 daliegen. Dies durchgehalten zu haben, und dabei – abgesehen von Ausnahmen menschlicher Schwächen – anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht."
Natürlich verbietet es sich, unsere Konzernlenker mit der SS zu vergleichen. Dennoch: Es sind die Täter, die sprechen, vergessen wir das nicht, wenn sie uns erzählen, wie tapfer sie notwendige Entscheidungen getroffen haben, die schmerzhafte Folgen zeitigten.

Und wehe, wir wehren uns gegen den Arschtritt, wir Besitzstandswahrer, Ewiggestrigen, Reformgegner und Verhinderer.

Samstag, 4. Juli 2015

Das Böse

Was kann einen mit 57 Jahren fassungslos machen? Abgesehen von Unfälle und Schicksalsschläge im persönlichen Umfeld, eigentlich wenig.

Das meint nicht, dass ich zu abgebrüht bin, um durch irgendein Ereignis berührt zu werden. Ich rede nicht von Erschütterung, Mitleid, Wut angesichts von Verbrechen oder Krieg. Fassungslos macht mich immer noch der Anblick des Bösen. Und zwar das Böse, welches als Selbstzweck existiert. Nicht "das Böse", das wie ein Dämon in  Menschen fahre und sie zu Unrecht und schlimmen Taten verleite, wie es fundamental-religiösen US-Amerikaner bestimmter Kategorie begreifen - eine Auffassung allerdings, die tief in der amerikanischen Seele verwurzelt scheint, widergespiegelt in zahlreichen Mainstream-Serienproduktionen des Kriminalgenres, wo jeder Normverstoß geahndet werden muss als Ausfluss des Bösen, der durch nichts gemildert werden kann.

Mich machen Menschen fassungslos, die Böses tun, nur weil sie es können. Die bewusst Unrecht tun, nicht um etwas anderes zu erreichen, sondern nur, um Unrecht zu tun. So macht mich der Räuber, der einen anderen Menschen niederschlägt, um ihn zu berauben, zornig, aber nicht fassungslos. Der unter Testosteron leidende Jungmann, der sich ständig beleidigt fühlt und bei jeder sich bietenden Gelegenheit zuschlägt, ist ein Arschloch, das gehörig eingenordet gehört - mit Sozialdienst beispielsweise, wie Latrinenschrubben im Pflegeheim, höhö.

Was aber treibt den Mann, die Frau (oh ja, auch Frau), der oder die andere Menschen quälen, nur um  zu quälen, nur um Leid zuzufügen. Wenn es wenigstens sexuelle Lust wäre, die sie empfinden. Auch der Sadist macht mich nicht fassungslos. Und der willkürlich Gewalt ausübende Despot verbreitet Angst  und festigt seine Herrschaft. Das ist niederträchtig, aber begreifbar, fassbar.

Was aber treibt Kai Diekmann, wenn er die BILD-Leser abstimmen lässt:
"Sollen wir Griechenland mit weiteren Steuermilliarden unterstützen?"  
Denn Diekmann weiß: Bei den im Raume stehenden Geldern handelt es sich weder um Steuergelder, noch wird Griechenland unterstützt.

Was also treibt Kai Diekmann?