Mit welcher Wut von der Regierungslinie abweichende Ansichten in erschütternd vielen Bereichen öffentlicher bzw. veröffentlichter Meinung behandelt werden, könnte erstaunen. Allerdings nur, solange man sich der Hoffnung hingibt, der Mensch sei - zumal in der Masse - vernunftbegabt. Fähig zu vernünftigem Handeln sicher, aber derart von seinen Emotionen bestimmt, dass man Kopfschmerzen davon bekommt.
Der Kognitionswissenschaftler Mausfeld hatte vor nicht einmal einem Jahr seine Gedanken zum Thema Macht und Angst zusammengetragen. Und wie um ihn Punkt für Punkt zu bestätigen, können wir momentan beobachten, wie mit Methoden der kollektiven Angsterzeugung staatliche Maßnahmen ohne Widerstand seitens der Bevölkerung oder der Medien durchgesetzt werden, die die bürgerlichen Freiheiten, ja die Bürgerrechte in toto schlankweg außer Kraft setzen. Und jeder, der es auch nur wagt, die Weisheit dieser Entscheidungen, ihre Notwendigkeit, ihren Umfang, ihre Begründung zu hinterfragen, wird - inzwischen nahezu flächendeckend - delegitimiert, beschimpft, verlacht, dass es einen graust, angesichts dieser Manifestation des Mob!
Es ist die eigentlich paradox wirkende Beobachtung zu machen, dass bei zunehmender Rigidität der staatlichen Einschränkungen die Bereitschaft zum Diskurs abnimmt, bei gleichzeitiger Zunahme der Bereitschaft zur Denunziation abweichenden Verhaltens.
Wir besichtigen den Obrigkeitsstaat mit seinen Untertanen, die schulterzuckend die Weisungen ihrer Herren hinnehmen, ängstlich, autoritätsgläubig und denkscheu, arrangiert mit dem Leben im Nachtwächterstaat.
Aber bitte nennt euch nie mehr Demokraten!
Freitag, 3. April 2020
Dienstag, 31. März 2020
"Über Krankheit kannst du sie kriegen!"
Dass selbst kritische Geister, die sich im Allgemeinen nicht nach den Maßgaben der Autoritäten richten, sondern gerade dann das Narrativ hinterfragen, wenn es aus allen Kanälen schallt, dass selbst diese kritischen Geister gleichsam in Angststarre verharren, wenn die annoncierte, diese Angst erzeugende Bedrohung eine Krankheit ist, ist erklärbar.
Freiberufliche Journalisten, Künstler, Kabarettisten, sind in der Regel selbstständige Ich-AGs. Wenn ein Freiberufler krank ist, verdient er kein Geld. Eine länger dauernde Erkrankung kann seine Existenz nachhaltig gefährden, strenger und stärker als jeden abhängig Beschäftigten, den Arbeits- und Sozialrecht - zumindest noch - schützen.
Kein Wunder also, dass Selbständige von Krankheiten oder Krankheitsbedrohungen ganz anders getriggert werden. Das ist ihre Schwäche, da sind sie verwundbar, da ist keine profesionelle Abgeklärtheit, da kriegt man sie.
Freiberufliche Journalisten, Künstler, Kabarettisten, sind in der Regel selbstständige Ich-AGs. Wenn ein Freiberufler krank ist, verdient er kein Geld. Eine länger dauernde Erkrankung kann seine Existenz nachhaltig gefährden, strenger und stärker als jeden abhängig Beschäftigten, den Arbeits- und Sozialrecht - zumindest noch - schützen.
Kein Wunder also, dass Selbständige von Krankheiten oder Krankheitsbedrohungen ganz anders getriggert werden. Das ist ihre Schwäche, da sind sie verwundbar, da ist keine profesionelle Abgeklärtheit, da kriegt man sie.
Dienstag, 19. März 2019
Such a Parcel of Rogues
Gibt es denn wirklich überhaupt nicht und nirgends mehr so etwas wie menschlichen Anstand?
Sahra Wagenknecht kann nicht mehr. Sie will sich nicht weiter aufreiben und dazu von den eigenen Leuten fertigmachen lassen. Sie tritt nicht erneut zur Wahl des Fraktionsvorsitzes der LINKEN im Bundestag an und zieht sich aus der Führungsriege der von ihr mit initiierten Bewegung Aufstehen zurück.
Dass ihr darauf von Seiten ihrer politischen Gegner Häme entgegenspringt, der die deutliche Erleichterung anzumerken ist, dass die einzig wirklich gefährliche, weil integre, kluge und populäre linke Politikerin aus dem Scheinwerferlicht tritt, war zu erwarten. Dass diese politischen Gegner sich nicht nur auf der Rechten, sondern gerade in Kreisen der Linken finden, ist nicht weiter erstaunlich.
Aber was an ihrer Entscheidung ist ehrenrührig? Dazu müssen wir die Erklärung zur Situation von Aufstehen des AktionsCampus Aufstehen lesen, für das namentlich Marco Bülow steht.
Die elf Unterzeichner geben sich darin zwar anfänglich durchaus selbstkritisch, indem sie eingestehen, dass Aufstehen seinem Anspruch nicht gerecht geworden ist. Aber die Verantwortung dafür schieben sie zum großen Teil gleich wieder von sich, indem sie schreiben
Anständige Menschen, ja, selbst nur strategisch politisch denkende Menschen, hätten sich diesen Ausfall coram publico verkniffen.
Sahra Wagenknecht ist gesundheitlich schwer angegriffen. Sie war bereits am Ende ihrer Kräfte. Wenn man dann nicht in der Lage ist, den Umstand, dass Bewegung und Medien offenbar zeitglich von ihrem Rücktritt erfuhren, in der Öffentlichkeit großzügig zu übergehen, sondern ihn ausdrücklich moralisch empört thematisiert, wird man mit dieser intellektuellen Selbstauskunft (Mausfeld) künftig leben müssen.
Soviel zu schäbig und dumm.
Kommen wir nun zum Strategisch-Politischen:
Sahra Wagenknecht hatte angekündigt, weiter der Bewegung Aufstehen zur Verfügung zu stehen. Wie sollte man dieses Angebot mit einer derartigen Stellungnahme torpedieren wollen? Die Frau zieht Publikum. Die Frau kann frei reden. Die Frau ist telegen. So jemanden schützt und bewahrt man sich! So jemanden verbrennt man nicht öffentlich.
Denn dieses Nachtreten schadet weniger Sahra Wagenknecht: Es desavouiert vielmehr die gesamte Bewegung als Ansammlung mimosenhafter, kleingeistiger Rechthaber, die die Popularität Wagenknechts zwar für sich nutzen wollten, ihr aber gleichzeitig zutiefst neiderfüllt misstrauten.
Sahra Wagenknecht ist nunmehr für die Bewegung verloren, herzlichen Glückwunsch, Aufstehen!
Sahra Wagenknecht kann nicht mehr. Sie will sich nicht weiter aufreiben und dazu von den eigenen Leuten fertigmachen lassen. Sie tritt nicht erneut zur Wahl des Fraktionsvorsitzes der LINKEN im Bundestag an und zieht sich aus der Führungsriege der von ihr mit initiierten Bewegung Aufstehen zurück.
Dass ihr darauf von Seiten ihrer politischen Gegner Häme entgegenspringt, der die deutliche Erleichterung anzumerken ist, dass die einzig wirklich gefährliche, weil integre, kluge und populäre linke Politikerin aus dem Scheinwerferlicht tritt, war zu erwarten. Dass diese politischen Gegner sich nicht nur auf der Rechten, sondern gerade in Kreisen der Linken finden, ist nicht weiter erstaunlich.
Aber was an ihrer Entscheidung ist ehrenrührig? Dazu müssen wir die Erklärung zur Situation von Aufstehen des AktionsCampus Aufstehen lesen, für das namentlich Marco Bülow steht.
Die elf Unterzeichner geben sich darin zwar anfänglich durchaus selbstkritisch, indem sie eingestehen, dass Aufstehen seinem Anspruch nicht gerecht geworden ist. Aber die Verantwortung dafür schieben sie zum großen Teil gleich wieder von sich, indem sie schreiben
Die Gründer und Initiatoren – wir inbegriffen – zeigten sich sträflich unvorbereitet auf die organisatorischen, politischen, finanziellen und personalpolitischen Probleme, die eine so sprunghaft anwachsende Bewegung gerade am Anfang zu bewältigen hat."Wir inbegriffen" - aber wirklich schuld sind natürlich andere, nein: Eine andere! Ohne sie zunächst namentlich zu erwähnen, spricht man von „mangelnder klarer politischer Führung“, davon, dass Beschlüsse nicht umgesetzt wurden. Dem sollte abgeholfen werden.
Bevor eine zwingend notwendige und endlich terminlich vereinbarte Krisensitzung zwischen diesem Vorstand und dem Verein stattfinden konnte…, erklärte Sarah Wagenknecht am Wochenende ihren Rücktritt von jeder Führungsverantwortung. Sie teilte dies vorab weder der Bewegung, noch den Mitinitiatoren oder den Kollegen im Vorstand mit, noch suchte sie unmittelbar danach das Gespräch. Wir erfuhren es aus den Medien. So sehr wir begreifen, wie hart die Auseinandersetzungen Sahra Wagenknechts in den Machtkämpfen in ihrer eigenen Partei waren und so sehr wir ihr eine gute persönliche Zukunft wünschen – diesen Umgang mit der Bewegung, die sie selbst gegründet und die auf sie vertraut hat, halten wir für politisch nicht verantwortlich.Tja, und dieses Nachtreten ist schäbig und dumm!
Anständige Menschen, ja, selbst nur strategisch politisch denkende Menschen, hätten sich diesen Ausfall coram publico verkniffen.
Sahra Wagenknecht ist gesundheitlich schwer angegriffen. Sie war bereits am Ende ihrer Kräfte. Wenn man dann nicht in der Lage ist, den Umstand, dass Bewegung und Medien offenbar zeitglich von ihrem Rücktritt erfuhren, in der Öffentlichkeit großzügig zu übergehen, sondern ihn ausdrücklich moralisch empört thematisiert, wird man mit dieser intellektuellen Selbstauskunft (Mausfeld) künftig leben müssen.
Soviel zu schäbig und dumm.
Kommen wir nun zum Strategisch-Politischen:
Sahra Wagenknecht hatte angekündigt, weiter der Bewegung Aufstehen zur Verfügung zu stehen. Wie sollte man dieses Angebot mit einer derartigen Stellungnahme torpedieren wollen? Die Frau zieht Publikum. Die Frau kann frei reden. Die Frau ist telegen. So jemanden schützt und bewahrt man sich! So jemanden verbrennt man nicht öffentlich.
Denn dieses Nachtreten schadet weniger Sahra Wagenknecht: Es desavouiert vielmehr die gesamte Bewegung als Ansammlung mimosenhafter, kleingeistiger Rechthaber, die die Popularität Wagenknechts zwar für sich nutzen wollten, ihr aber gleichzeitig zutiefst neiderfüllt misstrauten.
Sahra Wagenknecht ist nunmehr für die Bewegung verloren, herzlichen Glückwunsch, Aufstehen!
Freitag, 23. November 2018
Verstörend
Was verstört, ist die hemmungslose Brutalität, mit der man Whistleblower wie Manning und Snowdon oder Enthüller wie Assange verfolgt.
Man gibt sich nicht einmal mehr die Mühe, so zu tun, als würde man die Bedeutung der Kontrollfunktion einer freien Presse für die Demokratie achten.
Es wäre in den genannten Fällen ein Leichtes gewesen, diese Männer öffentlich zu ehren, einige Bauern zu opfern, Besserung zu geloben, dann aber grundsätzlich so weiter zu machen wie zuvor.
Aber die offen gezeigte Rachsucht will etwas deutlich machen: Wir haben es nicht nötig, unser wahres Gesicht noch hinter der Maske von Recht, Fairness, Anstand zu verbergen. Wir haben die absolute Macht, uns als die Bestien zu zeigen, die wir sind. Und wir werden mit jedem so verfahren, der uns im Wege steht.
Es ist eine Warnung - und sie funktioniert!
Man gibt sich nicht einmal mehr die Mühe, so zu tun, als würde man die Bedeutung der Kontrollfunktion einer freien Presse für die Demokratie achten.
Es wäre in den genannten Fällen ein Leichtes gewesen, diese Männer öffentlich zu ehren, einige Bauern zu opfern, Besserung zu geloben, dann aber grundsätzlich so weiter zu machen wie zuvor.
Aber die offen gezeigte Rachsucht will etwas deutlich machen: Wir haben es nicht nötig, unser wahres Gesicht noch hinter der Maske von Recht, Fairness, Anstand zu verbergen. Wir haben die absolute Macht, uns als die Bestien zu zeigen, die wir sind. Und wir werden mit jedem so verfahren, der uns im Wege steht.
Es ist eine Warnung - und sie funktioniert!
Freitag, 18. August 2017
Erstaunlich?
Mich erstaunt gegenwärtig, dass einer wirtschafts-, sozial- und außenpolitsch deutlichen Rechtsdominanz eine gesellschaftspolitisch und kulturelle Linksdominanz gegenübersteht. Wobei weiter zu konstatieren ist, das sich die Rechtsdominanz im wesentlichen geschmeidig und modern gibt, die Linksdominanz hingegen äußerst doktrinär und starr auftritt.
Samstag, 3. September 2016
Großes
Wenige Monate nachdem Philipp Christoph von Königsmarck am beziehungsweise vom hannoverschen Hof verschwunden war, schrieb Lieselotte von der Pfalz an die Kurfürstin Sophie von Hannover über ihren augenblicklichen Aufenthaltsort Fontainebleau:
9. Oktober 1694
Sie, liebe Tante, sind in der glücklichen Lage, scheißen gehen zu können, wann immer Sie wollen. Scheißen Sie also nach Belieben. Ich hingegen bin hier nicht in der selben Lage. Ich bin dazu verpflichtet, meinen Kackhaufen bis zum Abend aufzuheben. Es gibt nämlich keinen einzigen Leibstuhl in den Häusern an der Waldseite. So habe ich den Kummer, hinaus gehen zu müssen, wenn ich scheißen will. Das ärgert mich, weil ich bequem scheißen will, und ich scheiße nicht bequem, wenn mein Arsch sich nicht hinsetzen kann.
E-Bike
Es sind im Wesentlichen drei Kategorien von Pedelec-Fahrern, die mir morgens auf meinem Arbeitsweg begegnen:
Die Hidrofugal-Fraktion
will möglichst schweißfrei den Arbeitsplatz erreichen und fährt nicht allzu zügig.
Die Voltaren-Fraktion
hat Probleme mit Rücken, Hüften oder Knien und fährt entspannt ohne allzu große Kraftanstrengung.
Die Viagra-Fraktion
ignoriert, dass sie ein Motorfahrzeug benutzt, hält sich für unsagbar tough, ist sportgekleidet und behelmt und rast mit verbissen stolzem Gesichtsausdruck an den ganzen Luschen vorbei.
Die Hidrofugal-Fraktion
will möglichst schweißfrei den Arbeitsplatz erreichen und fährt nicht allzu zügig.
Die Voltaren-Fraktion
hat Probleme mit Rücken, Hüften oder Knien und fährt entspannt ohne allzu große Kraftanstrengung.
Die Viagra-Fraktion
ignoriert, dass sie ein Motorfahrzeug benutzt, hält sich für unsagbar tough, ist sportgekleidet und behelmt und rast mit verbissen stolzem Gesichtsausdruck an den ganzen Luschen vorbei.
Abonnieren
Posts (Atom)