Sahra Wagenknecht kann nicht mehr. Sie will sich nicht weiter aufreiben und dazu von den eigenen Leuten fertigmachen lassen. Sie tritt nicht erneut zur Wahl des Fraktionsvorsitzes der LINKEN im Bundestag an und zieht sich aus der Führungsriege der von ihr mit initiierten Bewegung Aufstehen zurück.
Dass ihr darauf von Seiten ihrer politischen Gegner Häme entgegenspringt, der die deutliche Erleichterung anzumerken ist, dass die einzig wirklich gefährliche, weil integre, kluge und populäre linke Politikerin aus dem Scheinwerferlicht tritt, war zu erwarten. Dass diese politischen Gegner sich nicht nur auf der Rechten, sondern gerade in Kreisen der Linken finden, ist nicht weiter erstaunlich.
Aber was an ihrer Entscheidung ist ehrenrührig? Dazu müssen wir die Erklärung zur Situation von Aufstehen des AktionsCampus Aufstehen lesen, für das namentlich Marco Bülow steht.
Die elf Unterzeichner geben sich darin zwar anfänglich durchaus selbstkritisch, indem sie eingestehen, dass Aufstehen seinem Anspruch nicht gerecht geworden ist. Aber die Verantwortung dafür schieben sie zum großen Teil gleich wieder von sich, indem sie schreiben
Die Gründer und Initiatoren – wir inbegriffen – zeigten sich sträflich unvorbereitet auf die organisatorischen, politischen, finanziellen und personalpolitischen Probleme, die eine so sprunghaft anwachsende Bewegung gerade am Anfang zu bewältigen hat."Wir inbegriffen" - aber wirklich schuld sind natürlich andere, nein: Eine andere! Ohne sie zunächst namentlich zu erwähnen, spricht man von „mangelnder klarer politischer Führung“, davon, dass Beschlüsse nicht umgesetzt wurden. Dem sollte abgeholfen werden.
Bevor eine zwingend notwendige und endlich terminlich vereinbarte Krisensitzung zwischen diesem Vorstand und dem Verein stattfinden konnte…, erklärte Sarah Wagenknecht am Wochenende ihren Rücktritt von jeder Führungsverantwortung. Sie teilte dies vorab weder der Bewegung, noch den Mitinitiatoren oder den Kollegen im Vorstand mit, noch suchte sie unmittelbar danach das Gespräch. Wir erfuhren es aus den Medien. So sehr wir begreifen, wie hart die Auseinandersetzungen Sahra Wagenknechts in den Machtkämpfen in ihrer eigenen Partei waren und so sehr wir ihr eine gute persönliche Zukunft wünschen – diesen Umgang mit der Bewegung, die sie selbst gegründet und die auf sie vertraut hat, halten wir für politisch nicht verantwortlich.Tja, und dieses Nachtreten ist schäbig und dumm!
Anständige Menschen, ja, selbst nur strategisch politisch denkende Menschen, hätten sich diesen Ausfall coram publico verkniffen.
Sahra Wagenknecht ist gesundheitlich schwer angegriffen. Sie war bereits am Ende ihrer Kräfte. Wenn man dann nicht in der Lage ist, den Umstand, dass Bewegung und Medien offenbar zeitglich von ihrem Rücktritt erfuhren, in der Öffentlichkeit großzügig zu übergehen, sondern ihn ausdrücklich moralisch empört thematisiert, wird man mit dieser intellektuellen Selbstauskunft (Mausfeld) künftig leben müssen.
Soviel zu schäbig und dumm.
Kommen wir nun zum Strategisch-Politischen:
Sahra Wagenknecht hatte angekündigt, weiter der Bewegung Aufstehen zur Verfügung zu stehen. Wie sollte man dieses Angebot mit einer derartigen Stellungnahme torpedieren wollen? Die Frau zieht Publikum. Die Frau kann frei reden. Die Frau ist telegen. So jemanden schützt und bewahrt man sich! So jemanden verbrennt man nicht öffentlich.
Denn dieses Nachtreten schadet weniger Sahra Wagenknecht: Es desavouiert vielmehr die gesamte Bewegung als Ansammlung mimosenhafter, kleingeistiger Rechthaber, die die Popularität Wagenknechts zwar für sich nutzen wollten, ihr aber gleichzeitig zutiefst neiderfüllt misstrauten.
Sahra Wagenknecht ist nunmehr für die Bewegung verloren, herzlichen Glückwunsch, Aufstehen!
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