Mittwoch, 14. Juli 2021

Ein wenig Küchenpsychologie? Über kognitive Dissonanz und Übertragung

Wenn sich der Bodensatz des Journalismus aus seinen Löchern traut und wie der Angestellte eines hannoverschen Zeitungsverlages (Namen zu nennen, bedeutete zu viel Ehre) Menschen, die sich nicht ohne weiteres ein unerprobtes Gentherapeutikum verabreiche lassen möchten, so definiert:

„Wer die Politik, die Wissenschaft, die Medizin aus Prinzip abgrundtief verabscheut und verdammt, der ist mit Überzeugungsarbeit oder Motivationsansprachen sowieso nicht mehr zu erreichen.“

wer Schikanen bejubelt:

„Für solche Vernunftverweigerer sind die Maßnahmen des französischen Präsidenten Macron passend: Wer sich impfen lassen könnte, dies aber nicht will und sich daher für viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens testen lassen muss, sollte diese bislang kostenlosen Bürgertests auch selbst bezahlen müssen. Anderenfalls kann er oder sie nicht mehr ins Café, nicht ins Theater und nicht ins Flugzeug. Das wird auch bei uns so kommen.

Eine Impfpflicht durch die Hintertür? Ach was. So wird lediglich ein Bruchteil der Kosten dieser Pandemie auf diejenigen abgewälzt, die sie letztlich am Laufen halten.“

offenbart neben einer nichtswürdigen Gesinnung und ordinären Niedertracht zweierlei: 

Zum einen natürlich Dummheit, die schlichte Unkenntnis über allgemein zugängliche Sachverhalte, den stolzen Unwillen, Informationen, die über flüchtig wahrgenommene Meldungen der Tagesschau hinausgehen, auch nur zur Kenntnis zu nehmen – Todsünden für einen wirklichen Journalisten. Er demonstriert in Reinkultur, in Farbe und Dolby-Surround buchstäblich die kantische  „selbstverschuldete Unmündigkeit“, überträgt diese offenkundigen Defizite dann aber auf seine von ihm definierten Gegner.

Zum andern steckt hinter der ganzen Wut und Aggressivität natürlich Angst. Er ahnt ja, dass das alles so nicht stimmen kann. Etwas an Informationen dringt ja selbst zu ihm durch. Er weiß ja sehr wohl, dass die Gentherapie nicht ausreichend getestet worden ist, er hat ja wahrgenommen, dass es da irgendwo Tote gibt und schwere Begleiterscheinungen, er hat ja durchaus irgendwie doch gehört, dass Geimpfte sich weiter infizieren und andere anstecken können, denn all das können selbst die MSM nicht verschweigen. Er folgt dann aber lieber der Devise Friederike Kempners und sagt sich:

„Arglos und harmlos,
Glücklich ich bin,
Hör' ich das Böse,
Denk ich nicht hin!“

Kritische und selbständig denken Menschen dann aber als solche zu bezeichnen, die „Medizin aus Prinzip abgrundtief verabscheuen und verdammen“ ist dann nur noch komisch, oder besser, würde es sein, folgten nicht die Gewaltphantasien des getretenen Kleinbürgers. Derartige Gestalten können nicht einmal mit der literarischen Figur des Diederich Heßling, dem „Untertan“ Heinrich Manns, verglichen werden. Der hatte mit seinem Verhalten wenigstens unternehmerischen Erfolg und stellte gesellschaftlich etwas dar. Eine Wurst sicher, aber kein Würstchen.

Es ist das Zeichen einer bedrohlichen Entwicklung, dass sich Gestalten wie diese frei auf der ersten Seite einer Tageszeitung erbrechen dürfen, ohne entschiedene Widerspruch zu erwarten. Denn mit dem muss das da nicht rechnen, mutig ist das da nicht. Das Würstchen ist sich des Rückhalts in Redaktion, Verlag und Politik gewiss. 


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