Es ist heiß und ich bin reichlich verwirrt.
Arnold Vaatz, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion, hat sich zu den realitätsfernen Zahlenangaben geäußert, die von der Berliner Polizei und im Anschluss (interessanterweise teils schon früher) von der gesamten bundesdeutschen Mainstreammedienlandschaft über die 1. August-Demo verbreitet worden sind (Für die Chronik: Dass dort mehr als 17.000-20.000 Teilnehmer waren, zeigt allein dieses 82 minütige Video. Btw: Selbst wenn die Demo in klassischer Theatermanier "hinter der Bühne", also gleich hinter Bahnhof Friedrichstraße links abgebogen wäre, um über Reichstagsufer und Neustädtische Kirchstraße wieder Unter den Linden anzuschließen und so eine Endlosschleife zu simulieren, hätte der Zug fast anderthalb Kilometer lang sein müssen, bei der Menschendichte auch mehr als 17.000 Leute).
Herrn Vaatz möchte ich nicht zu meinen Lieblingspolitikern rechnen, er ist in der Vergangenheit vor allem durch ziemlich reaktionäre Ansichten aufgefallen. Was er aber mit Sicherheit hat, ist Erfahrung als DDR-Bürgerrechtler - ganz im Gegensatz etwa zu Herrn Gauck oder gar Frau Merkel. Und Arnold Vaatz bemängelt die sichtbar falschen Zahlenangaben, auch er hat Internet und kann youtube gucken, und fühlt sich von Regierung und Medien, sagen wir: vergackeiert. Und das schreibt er.
Wer greift ihn daraufhin an? Jawoll, die Linke, die Grünen und seffaständlich die SPD.
Wer verteidigt ihn? Alles was rechtsaußen in CDU/CSU und FDP so rumläuft: Hans-Peter Friedrich (CSU), Axel Fischer (CDU), Peter Ramsauer (CSU), Andreas Mattfeldt (CDU), Alois Karl (CSU), Torsten Herbst (FDP), Holger Zastrow (FDP).
Was hat er denn so Schönes gesagt?
"Die dreiste Kleinrechnung der Teilnehmerzahlen der Demo vom 1. August durch die Berliner Polizei entspricht in etwa dem Geschwätz von der „Zusammenrottung einiger weniger Rowdys“, mit der die DDR-Medien anfangs die Demonstrationen im Herbst 1989 kleinrechneten. Der gefährlichere Versuch, die Straßen leerzukriegen, war damals die Unterstellung, die Demonstranten handelten im Auftrag von CIA und BND. Der heutige Versuch, die Straßen leerzubekommen, besteht in der Warnung: Pass auf, mit wem du demonstrierst."
Oder, auch nicht schlecht:
"Mit dem Wertungsunterschied im Fall der beiden Demonstrationen hat der Glaubwürdigkeitsverfall nicht begonnen, er erfuhr nur seine Fortsetzung. Los ging es mit Einführung der Maskenpflicht, nachdem es lange hieß, Masken nützten nichts – so lange es keine zu kaufen gab. In der DDR streute die Partei: Bananen seien gar nicht so gesund."
Was so unangenehm aufgestoßen ist: Er hat die Ungleichbehandlung und -beurteilung der "Tag der Freiheit"-Demo mit den BLM-Matter-Demos vor einigen Wochen bemängelt. Dass auch dort Abstandsregeln nicht, und Maskenpflicht keineswegs durchgängig eingehalten wurden, Politik und Medien aber mit einhelliger Freude und voller Verständnis reagierten.
Das durfte er nicht!
(Ulrich Teusch hat gerade das gleiche veröffentlicht -na ja, schlecht ist die Gesellschaft nicht!)
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